Mit einem Zitat von Sepp Herberger, das sich eigentlich auf die Gepflogenheiten eines Fußballspiels bezieht, kündigt der Schweizer Taschenhersteller FREITAG eine neue Edition zum Selbstgestalten an. Das passt vor allem optisch; gleichzeitig ist die Wiederverwendung dieses Spruchs in einem neuen Kontext auch wunderbar metaphorisch: Ähnlich neuschöpferisch funktioniert die Produktion des Labels, das für seine Unikate ausschließlich rezyklierte LKW-Planen hernimmt.
Diese FREITAG Tasche müssen Sie selbst fertigstellen: Dafür lädt das Schweizer Taschenlabel seit Anfang Dezember Gestalter:innen ein, ihrer Tote Bag F719 MEL GRÜNGASSE den letzten Schliff zu geben. Für die letzten Hand- und Kunstgriffe können Sie virtuell via Videocall das Ladengeschäft in der Zürcher Grüngasse besuchen. Das Label textet dazu, die 719 MEL GRÜNGASSE sei eine »rezyklierte Tote Bag für Velo fahrende Überindividualist:innen, Hobbykreativdirektor:innen und andere Alles-muss-ich-selber-fertig-Macher:innen«. Passend also, dass unsere Redakteurin Sonja Pham als DIY-affine Fahrradliebhaberin die Edition aus der Nähe betrachten und mit Mitarbeiterin Celia ihre eigene Tasche entwerfen durfte.
Die Halbfabrikate der F719 MEL GRÜNGASSE zeichnen über einen großen Kreis in der Mitte aus, der von den jeweiligen Gestalter:innen mit einem der unzähligen, vielfarbigen Planenreste aus der Produktion hinterlegt werden kann. Alle Materialien verfügen bereits über eine gewisse Patina, vom Label charmant mit »Wahrscheinlich-Weiss, also irgendwie gräulich, beigelich oder nicht-ganz-schneeweiss« tituliert. Dazu gibt’s einen bunten Planenriemen auszuwählen, damit man sich die Tasche schließlich umhängen kann (Stichwort velotauglich). Das runde Bullauge hat nicht nur den Effekt, dass die Tasche mit einer tollen Signalfarbe oder einem stimmigen Typo-Detail individualisiert werden kann, sondern dass es auch gleichzeitig als versteckte Außentasche funktioniert.
Ihnen als Gestalter:in steht für die Auswahl der Planenteile eine halbe Stunde zur Verfügung, dann übernehmen die Profis hinter der Verkaufstheke – in unserem Fall die kompetente Celia –, die sich direkt an ihre Nähmaschinen setzen. Innert weniger Tage erhält man so sein eigenes Unikat samt kleiner Pouch im Visitenkartenformat vor die Haustür geliefert. Anfang Dezember konnten Passant:innen bei diesem Prozess übrigens noch zusehen: Für den FREITAG Sweat-Yourself-Shop haben die Planentaschenmacher die Produktionskette bis an die Verkaufsfront in die Zürcher Innenstadt verlängert.
Maximale Transparenz und Nachhaltigkeit bleiben weiterhin also die Erkennungsmerkmale des Labels. Seit 1993 sind die beiden Grafikdesigner Markus und Daniel Freitag auf ihrer Mission unterwegs, eine wasserabweisende, multifunktionale Tasche zu kreieren, die von den bunten Rückständen des Schwerverkehrs inspiriert ist. Unserer Redakteurin wiederum war – nicht ganz so altruistisch, aber immerhin bodenständig – ihr liebstes Frühstück das gestalterische Vorbild: ein Spiegelei.