Der ein oder andere kennt es sicher – die Projekte, die während des Studiums oder der Ausbildung entstanden sind, verschwinden nach der Benotung am Ende des Semesters häufig in der – virtuellen oder wortwörtlichen – Schreibtischschublade und werden nie wieder angesehen. Was schade ist, denn das wird dem Potenzial dieser Arbeiten häufig nicht im Ansatz gerecht. Die »Junge Grafik« wirkt diesem Phänomen entgegen. Der Award des Schweizer Grafiker Verband (SGV) und des Berufsverband Swiss Graphic Designers (SGD) zeichnet alle zwei Jahre studentische und schulische Arbeiten aus dem Grafikdesign im schweizerischen Raum aus.
Die Jury der »Jungen Grafik« kürte diesen November wieder 30 Gewinner:innen, deren Projekte eine Bandbreite an kreativen Ideen beinhalten, die in der Umsetzung vom Editorial, über Fotografie bis hin zum Webdesign vieles zu bieten haben. Klar wird, dass es Projekten, die während des Studien- oder Ausbildungsverlaufes entwickelt werden, keineswegs an Qualität mangelt, ganz im Gegenteil: Viele Arbeiten zeugen von der Freiheit und Ideenvielfalt, der während der Ausbildung junger Gestalter:innen häufig mehr gefördert wird als im späteren Berufsleben. Der Grund dafür besteht schlichtweg darin, dass man in der Lehre gezielt experimentieren und Grenzen austesten muss, um sich selbst, dein eigenen Stil und die Arbeitsweise besser kennenzulernen und zu festigen, während man als Designer:in im Beruf natürlich auch ein Auge auf die Kund:innen haben muss.
Folglich sprechen die Teilnehmenden hier frei Themen an, die junge Kreative beschäftigen, oder fassen schon bestehende gestalterische Konstrukte neu an. Etwa entwickelte Paul Guerrero an der Genfer Hochschule für Kunst und Design (HEAD) ein neues visuelles Konzept für ein Automagazin mit dem Namen » Autonow Magazine«, was die herkömmliche Gestaltung und grafische Codes weiterdenkt, um eine größere Zielgruppe anzusprechen und Raum ein breiteres Themenfeld zu schaffen. Das Resultat ist ein aufregendes und offensives Design, das immer noch klar die Thematik vermittelt, aber eine wesentlich zeitgemäßere gestalterische Richtung vorschlägt.
Ein anderes Medium wählten Anaïs Vidal und Irini Gleglakou mit ihrem Website-Entwurf »Loading Culture« , einem Prototypen für eine Online-Platform, die den Austausch zwischen Kreativen fördern soll und somit auch die Transparenz über den gestalterischen Bereich im Netz. Hierfür stehen verschiedene Bereiche zur Verfügung, wie Live-Broadcasts, Artikel und Archive mit Ressourcen, Anwendungen und vielem mehr. Das Ganze ist sehr ansprechend aufgearbeitet und könnte in Zukunft ein nützliches Tool für viele Kreativschaffende darstellen. Unter loadingculture.ch findet sich das Projekt, bei dem man bereits erste Impulse einsenden kann, sowie ein Newsletter.
Auch illustrative Projekte konnten bei der Jury punkten. »the coral rescue project« beschäftigt sich aufklärend und lösungsorientiert mit dem Korallensterben. Das Ergebnis ist eine Zeitung, die, zusammengesetzt aus Minipostern, einem kleinen beschreibenden Text und einem QR-Code zu näheren Informationen, 14 Lösungswege zur Rettung der Korallen aufzählt. Um eine größere Zielgruppe anzusprechen, haben die Studentinnen außerdem einen Instagram-Account erstellt, der die Illustrationen in kurzen GIFs wieder aufgreift und in Bewegung bringt.
Es zeichnet sich wortwörtlich ab, dass der Award der »Jungen Grafik« eine wichtige Aufgabe erfüllt, nämlich, jungen Gestalter:innen in der Ausbildung oder im Studium eine Plattform zu bieten. Die Vielfalt der gekürten Projekte ist groß, und es lohnt sich also mit Sicherheit, hindurch zu stöbern und sich inspirieren zu lassen.
Falls Sie noch mehr über die »Junge Grafik« erfahren wollen, geht es hier zu der Website. In unserer Rubrik Mensa stellen wir immer wieder auch spannende Studierenden-Projekte vor. Störbern lohnt sich!
Text: Johanna Schmees