Advertorial: Das Jubiläum des 100. Geburtstages von Stanisław Lem (geb. am 13. September 1921 in Lemberg, gest. am 27. März 2006 in Krakau), einem weltberühmten polnischen Science-Fiction-Autor, Philosophen und als Erforscher der Zukunft bezeichneten Visionär, wurde zum Anreiz für die Aktivierung vieler polnischer Verlagszentren, insbesondere in puncto futuristischer Thematik. Es führte auch zur Entstehung von internationalen Projekten. Hier sind einige von ihnen – beachtenswert nicht nur wegen Lems Nachnamens, sondern auch der hohen Qualität ihrer originellen grafischen Bearbeitungen.
Wydawnictwo Literackie aus Krakau beauftragte Przemek Dębowski, welcher mit diesem Verlagshaus regelmäßig kooperiert, mit einer neuen grafischen Gestaltung der äußerst beliebten Robotermärchen. 15 monochrome, ultramarinfarbene Illustrationen zu 15 Erzählungen von Lem stellen Apparaturen und Maschinen sowie ihre enigmatischen Konstrukteure, vervielfältigte Geräteteile, verschiedene Objekte mit einem nicht immer klaren Verwendungszweck, seelenlose Architektur sowie eine leere kosmische Landschaft, mechanisierte Welt ferner Galaxien, dar.
Besondere Aufmerksamkeit verdient jedoch bei diesem Projekt vor allem seine ziemlich unauffällige Eigenschaft und nämlich eine ungewöhnliche Paginierung. Bei der Nummerierung der Buchseiten wurde von dem Grafikdesigner das binäre System verwendet – der grundlegende Code der Informatik und digitaler Elektronik, welcher die automatisierte Roboterumgebung perfekt beschreibt und dadurch mit ihr treffend assoziiert wird. Obwohl die Seitennummerierung für Mathematik-resistente Rezipienten unlesbar bleibt und daher ein mysteriöser Verweis zu sein scheint, wird ihnen doch nichts die Freude am Lesen verderben.
Auch das Adam-Mickiewicz-Institut griff nach Robotermärchen. Gemeinsam mit dem estnischen Verlag Päike ja Pilv lud es acht renommierte Illustratoreninnen aus Estland – Katrin Ehrlich, Kadi Kurema, Marja-Liisa Plats, Regina Lukk-Toompere, Viive Noor, Priit Pärn, Anne Pikkov und Urmas Viik – und acht junge polnische Künstlerinnen – Edgar Bąk, Katarzyna Bogucka, Zosia Dzierżawska, Gosia Herba, Rita Kaczmarska, Paweł Mildner, Dawid Ryski und Katarzyna Walentynowicz – zur Zusammenarbeit an diesem Projekt ein. Jeder der Autoreninnen illustrierte eine der 16 Erzählungen aus der Anthologie Robotite Muinasjutud und enthüllte dabei eigene stilistische Vorlieben sowie Lieblingstechniken. Neben Fotocollagen sind im Buch malerische Impressionen zu finden, neben schematischen schwarz-weißen Zeichnungen, die uns direkt auf die digitale Welt verweisen, gibt es hier farbige und komplexe Kompositionen, gefertigt mit Bunt- und Filzstiften, Farben oder computerentworfen.
Diese Fassung von Robotermärchen, schon nur mit Illustrationen polnischer Künstler und Künstlerinnen, wurde auch vom Vilniuser Verlag Odilė – »Robotų pasakos« in litauischer Sprache herausgegeben. In einer räumlich gestalteten Version wurden diese Bilder sowie ihre Fragmente zum Stoff für die Ausstellungen in Tallinn, Haapsalu, Tartu, Vilnius und Klaipėda. Die visuelle Vielfalt an Illustrationen aus der Anthologie, genauso faszinierend wie die Prosa des Science-Fiction-Meisters, wurde in einer bescheideneren Auswahl zur Grundlage für die grafische Gestaltung eines mit seiner Größe beeindruckenden Wandkalenders sowie eines Notizbuchs, ebenfalls vom Adam-Mickiewicz-Institut herausgegeben. Die Agenda wurde als universeller Kalender für jedes neue Jahr konzipiert – obwohl sie für das Lem-Jahr 2021 vorbereitet wurde, ist auf ihrem Umschlag auch das Jahr 2094 zu sehen, in welchem sich die Anordnung der Tage wiederholen soll. Dies ist ein Must-Have für alle Liebhaber literarischer Leistungen und des geistigen Erbes von Stanisław Lem, für Science-Fiction-Fans, Futuristen, Informatiker und … Roboter.
Der Warschauer Verlag Muchomor, spezialisiert auf Bücher für Kinder und Jugendliche, bereitete eine Auswahl von über 20 Zitaten – längeren Werkfragmenten und Sätze-Aphorismen aus den wichtigsten Werken Lems – in einer reichen und bravourösen grafischen Gestaltung von Marta Ignerska (Gewinnerin des Bologna Ragazzi Awards) vor. Das Buch Świat Lema entstand mit dem Gedanken an junge Leser und Leserinnen – es kann sich als eine attraktive Eintrittskarte für eine Reise in das Universum von Lem, als eine Einladung ins Imaginarium des Schriftstellers, aber auch als ein Schlüssel zu ihrer eigenen Fantasiewelt erweisen. Und die Aussichten auf dem Weg sind faszinierend, sie verführen mit der Form und Farbe und verzaubern durch ihre Ausdruckskraft. Die Illustrationen von Ignerska flirten zwar mit der Kunstgeschichte (Felszeichnungen, Futurismus, Konstruktivismus, Rayonismus, Neoplastizismus), sind aber dennoch sehr zeitgenössisch und dabei äußerst vielfältig – von minimalistischen Werken, in denen Gestalten wie im Nebel nur angedeutet sind, durch poetische, mehrfarbige, malerische, abstrakte Kompositionen, bis hin zu rebellischen Zeichnungen, die sich auf Dynamik und Geste von Street Art und Ausdrucksform von Comics stützen. Die Welt von Lem ist zweifelsohne ein hervorragendes Medium für Grafikdesigner, die diese auch durch das Prisma eigener Vorstellungskraft zeigen.
Text: Anita Wincencjusz-Patyna
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