Queere Spieler:innen, genderneutrale Toiletten in den Stadien, Bekenntnisse gegen Diskriminierung – auch im Fußball gibt es positive Entwicklungen in Richtung Gleichberechtigung und Teilhabe. Doch Trans-Menschen haben noch immer mit Anfeindungen zu kämpfen und deshalb wollte Marit Hölting in ihrer Bachelorarbeit an der Münster School of Design ihren Teil beitragen, um der Stigmatisierung etwas entgegenzusetzen. Unter dem Namen Trans*Pauli hat sie eine fiktive Kampagne für den FC St. Pauli gegen Queer-Feindlichkeit geschaffen, die auch für andere Vereine Vorbildcharakter haben könnte.
Wie sind Sie auf das Thema gekommen, was hat Sie bewogen, ihm ihre Abschlussarbeit zu widmen?
Marit Hölting: Das eigentliche Thema ist entstanden, weil ich mich zu Beginn meiner Recherche viel mit der zunehmenden Queer-Feindlichkeit in Deutschland beschäftigt habe. Außerdem hatte ich zu Beginn meiner Bachelorarbeit Kontakt zu zwei Vorstandsmitgliedern des LSVD NRW (Lesben- und Schwulenverband NRW), die mir aktuelle, wichtige Themen genannt haben. Eines davon war das Selbstbestimmungsgesetz. Da die Verkündung des Gesetzes in den sozialen Medien bereits große Debatten ausgelöst hatte, die wenig mit der tatsächlichen Lebensrealität von Trans*-Menschen zu tun hatten, wollte ich meinen Teil dazu beitragen, dieser Stigmatisierung etwas entgegenzusetzen.
Warum haben Sie sich den FC St. Pauli als Absender Ihrer fiktiven Kampagne ausgesucht?
Bei der Wahl des Absenders war mir eine ehrliche Haltung zum Thema sehr wichtig. Angesichts des großen Aufschreis über den Gesetzesentwurf brauchte ich einen Absender, der bereits eine starke Meinung zu diesem und ähnlichen Themen hat und sich nicht scheut, diese zu vertreten. Pinkwashing wollte ich auf jeden Fall vermeiden und der FC St. Pauli setzt sich seit jeher für die Rechte seiner Fans und Spieler:innen ein. Das Wertesystem des Hamburger Vereins passte daher perfekt zu der Botschaft, die mein Projekt transportieren sollte.
Die Fans von St. Pauli gelten als offen und progressiv. Ist das nicht »Preaching to the Converted«? Wäre eine solche Kampagne Ihrer Meinung nach auch für andere Vereine denkbar, könnte sie Vorbildcharakter haben?
Da trans* sein auch in Deutschland leider immer noch sehr umstritten ist und selbst bei progressiven Menschen teilweise noch Diskussionen auslöst, wollte ich meinem Projekt einen Rahmen geben, der von der Basis her auf jeden Fall die Rechte von Trans*-Personen unterstützt. Es ging mir um Rückhalt und Unterstützung einer breiten Community. Ich wollte verhindern, dass ich Trans*-Menschen mit noch nicht progressiven Vereinen oder Absendern schaden könnte.
Aber ich bin mir sicher, dass die Kampagne Vorbildcharakter haben kann. Vor allem, weil sich in der Fußballwelt gerade viel bewegt und zum Beispiel mehr Unterstützung für homosexuelle Spieler gezeigt wird. Das zeigt auch das Gruppen-Coming-Out, das im Mai initiiert wurde und ein Startschuss für mehr Sichtbarkeit sein soll. Es bewegt sich in die richtige Richtung auch wenn noch viel Luft nach oben ist.
Können Sie mir noch etwas zum Design der Kampagne sagen?
Bei der Farbwahl habe ich mich von dem Braun und Rot, das der FCSP normalerweise verwendet, entfernt und mich stattdessen auf Schwarz konzentriert, das auch in der Kommunikation des Vereins häufig verwendet wird. In Kombination mit dem hellen Rosa und Blau der Transflagge wollte ich die beiden Welten zusammenbringen. In der Gestaltung habe ich die Farbe Rosa hervorgehoben, um vor allem Transfrauen mehr Raum in der Gestaltung zu geben, denn sie sind es, deren Lebensrealitäten in der Diskussion meist ignoriert und verfälscht werden.
Die Logofarben habe ich für die Kampagne verändert. Die Modifikation des Logos spiegelt die sichtbaren Veränderungen wider, die transidente Menschen im Laufe ihres Selbstbestimmungsprozesses durchlaufen und soll den mutigen Schritt symbolisieren, der mit einer Namens- oder Geschlechtsangleichung verbunden ist. Diese visuelle Veränderung thematisiert nicht nur die äußere Transformation, sondern auch das Streben nach Authentizität und Selbstbestimmung. Der dunkle Stil unterstreicht die Ernsthaftigkeit des Themas Selbstbestimmung. Der FC St. Pauli bleibt als Absender erhalten, tritt aber in den Hintergrund, um dem wichtigen Thema genügend Raum zu geben.
Als Schrift wählte ich die OC Revolt 1, die mit ihrem Tape-Charakter den Look von Straßen-Demonstrationen auf die Kampagne übertragen soll. Ich wollte die Rohheit und Authentizität eines selbstgemalten Banners aufgreifen.
Welche Kommunikationsmittel umfasst Ihre Kampagne?
Die Kampagne umfasst ein Keyvisual, eine Plakat Serie, zwei Großflächen und diverses Merchandise (Buttons / Sticker / Pullover / TShirts / Cap / Beanie), um die Kampagne in der Fan- und Unterstützer:innen-Community weiter zu streuen.
Weitere Informationen rund um Ausbildung und Studium sowie Abschlussarbeiten finden Sie hier … und im Grafikmagazin 02.24 geht es auf 20 Seiten um den Schwerpunkt »Education«.