2023, als der Hype um Künstliche Intelligenz gerade an Fahrt aufnahm, nutzte der Grafiker Robert Steinmüller die neuen Werkzeuge, um ein Buch zu schreiben und zu gestalten, das es ohne KI nicht gegeben hätte. Die fantasievolle Geschichte um einen Forschenden der Renaissance und die wundersamen Landschaften des Mondes ist nun auch als echtes Buch erschienen. Und es ist ein besonders schönes und handwerklich herausragendes Objekt geworden. »Die Meere des Mondes« zeigt beispielhaft, wie Kreative intelligente Tools nutzen können, um Dinge zu realisieren, die vorher nicht denkbar gewesen wären.
Dieser Text erschien ursprünglich im Grafikmagazin 04.23. Inzwischen ist das Buch im Reisedepeschen Verlag erschienen. In Anlehnung an die Thematik wurde bei der Produktion viel Wert auf Handwerkskunst und Qualität gelegt. »Die aufwändige Gestaltung, Typografie und Herstellung mit händisch eingehängten Bildern und verschiedenen Papieren erinnert an einen enzyklopädischen Bildband aus der Frühzeit der industriellen Buchproduktion«, heißt es aus dem Verlag.
Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum es auf dem Mond Meere gibt? Zum Beispiel das Schlangenmeer, das Meer der Heiterkeit, das Wolkenmeer und den Ozean der Stürme. Darüber hinaus gibt es auch Seen, Buchten und Sümpfe, den See der Vergessenheit etwa oder den Sumpf des Schlafes. Diese Namen allein lassen im Kopf schon die schönsten Bilder und unglaublichsten Geschichten entstehen. Der Grafiker Robert Steinmüller ließ sich von ihnen zu einem Buch inspirieren – realisiert hat er es mithilfe verschiedener KI-Werkzeuge.
In der Renaissance begannen die Menschen sich wieder verstärkt den Wissenschaften zuzuwenden und die Welt zu erkunden, auch das Weltall. Die Erfindung des Fernrohrs führte zu weiteren Entdeckungen, Galileo Galilei etwa konnte so die Mondgebirge erkennen. Die dunklen Flecken auf der Oberfläche des Mondes kann man allerdings auch mit bloßem Auge sehen und sie beflügelten schon immer die Fantasie der Menschen. Da man annahm, es handele sich um Wasserflächen, benannte man sie entsprechend. Die poetischen Namen wiederum hatten es Robert Steinmüller angetan. Als Grafiker und Buchgestalter versucht er in freien Projekten immer wieder neue Techniken und Technologien auszuprobieren und mit den Mondmeeren hatte er den perfekten Aufhänger gefunden, um mit künstlicher Intelligenz zu experimentieren.
Den italienischen Lehrschüler Enzo G. Benvolio machte Steinmüller zu seinem Protagonisten und ließ ihn die Mondlandschaften mit den Augen eines Renaissance-Menschen erkunden. Die »historischen« Aufzeichnungen allerdings generierte eine KI. Steinmüller überlegte sich zu ausgewählten Meeren jeweils zehn Stichpunkte und fütterte damit ein Tool zur Textgenerierung. Die Jasper-App lieferte ihm dann Textvorschläge, die der Gestalter als Rohmaterial für seine Erzählung nutzte. Auch die Bilder, mit denen »Meere des Mondes« illustriert ist, stammen von einer künstlichen Intelligenz. Hier nutzte Steinmüller die Wombo-App, da sie im Gegensatz zu anderen Bildgenerierungswerkzeugen die Möglichkeit bietet, sich schon vorab auf einen Stil festzulegen.
Man muss sich also nicht mühsam über Prompts einer Ästhetik annähern und die Bilder besitzen eine größere visuelle Konstanz. Das war dem Grafiker wichtig, denn das Buch sollte ja so wirken, als hätte es ein Naturforscher der Renaissance verfasst. Prompts brauchte es natürlich trotzdem. Zu jedem Meer werden jeweils zwei Tiere und Pflanzen beschrieben, plus eine Besonderheit, die diesen speziellen Ort auszeichnet. Irgendwann fielen Steinmüller keine Besonderheiten mehr ein, also behalf er sich mit ChatGPT und schon konnte die Arbeit weitergehen.
»Künstliche Intelligenz wird in Zukunft eine große Rolle in unserem Arbeitsalltag als Gestalter spielen. Dem sollten wir uns stellen«, sagt Robert Steinmüller. Es geht also darum, diese Werkzeuge nutzen zu lernen und ihr Potenzial zu erkennen. »Ohne KI wäre die Vertextlichung und Illustration meiner Buchidee nie möglich gewesen«, weiß er und freut sich darüber, dass es nach einer ersten kleinen Künstlerauflage für »Die Meere des Mondes« weitergehen wird und das Buch im Herbst auch in einem richtigen Verlag erscheint.
Die Meere des Mondes. Eine fiktionale Entdeckungreise zu den dunklen Flecken des Mondes
Robert Steinmüller, Reisedepenschen Verlag, 20,00 €, ISBN 978-3-96348-029-4