Frauen in der Architektur sind engagiert, zukunftsorientiert und präsent. Was ihnen fehlt: Sichtbarkeit. Diesem Problem widmeten sich die Studentinnen der HAWK Holzminden, Hildesheim, Göttingen zusammen mit Professorin Dominika Hasse in einem Projekt, das sowohl gestalterisch, als auch inhaltlich dasselbe Ziel verfolgt: Frauen in der Architektur einen Raum zu geben.
Fotografin Anke Illing bildet mit ihren Fotos die Grundlage für das Fotobuch, an dessen gestalterischer Umsetzung das Semester über gearbeitet wurde. In Anlehnung an ikonische Fotografien posieren auf ihren Bildern Frauen aus allen Bereichen der Architektur – von Studentinnen über Fachjournalistinnen bis hin zu Architektur-Kollektiven – mit ausgewählten Accessoires wie dem Chaise Longue LC4 von Charlotte Perriand. Sie alle haben gemeinsam, dass sie sich für nachhaltiges, umweltschonendes und zukunftsorientiertes Bauen einsetzen und somit einen wichtigen Standpunkt in der Architektur beziehen.
In separaten Entwurfsphasen, deren Ergebnisse durch regelmäßige Besprechungen mit der Gruppe ausgearbeitet wurden, konnte sich jede der 13 Studentinnen individuell mit der Umsetzung des Fotobuchs befassen, aber auch gemeinsam Entwürfe entwickeln. Aus dem Pool von kreativen Ansätzen hat der Kurs schließlich eine gemeinsame gestalterische Lösung ausgearbeitet, die nun unter dem Namen »Sichtbar – Frauen in der Architektur« in den Verlagen Fruehwerk und bei Steidl erschienen ist. Trotz der vielen verschiedenen Ideen, die Einfluss auf das Endergebnis genommen haben, ist die finale Ausarbeitung reduziert und durchdacht.
Die Typografie erinnert durch Einzüge und versetzte Absätze an Gebäudestrukturen, um das Thema Architektur bis ins kleinste Detail zu Ende zu denken. Gleichzeitig wird den Protagonisten der Gestaltung, den großflächig angelegten Schwarzweiß-Portraits, genug Raum gegeben. Nicht zuletzt haben die Studentinnen durch die Wahl der Schrift wiederum das Werk einer Frau beleuchtet, nämlich die Marguerite Grotesk von Charlotte Rohde.
Auch beim Cover entschied sich das Seminar für eine minimalistische, aber aussagekräftige Bildsprache: Eine Collage zeigt eine sitzende Figur mit Zigarre, der Körper wurde jedoch ausgeschnitten und wirkt dadurch unsichtbar. Dieses Motiv knüpft somit hervorragend an den Titel an.
Begleitet wurde das Projekt von Verleger Gerhard Steidl, der als Gastkritiker nicht nur als Hilfestellung und Ratgeber den Studentinnen zur Seite stand, sondern auch den hochwertigen Tritone-Druck der Schwarzweiß-Fotos und eine Publikation als Hardcover möglich machte. So bot sich den Studentinnen eine einmalige Gelegenheit, mit professioneller Unterstützung an der realen Umsetzung eines Projektes teilzuhaben und mitzuarbeiten. Und das zahlte sich aus: Die Publikation erhielt nicht nur den Red Dot Award, sondern auch den Creative Communication Award (C2A) aus den USA und erhielt damit international Anerkennung.
Hier gehts zum Projekt. Außerdem gibt es regelmäßig neue interessante Projekte in unserer Rubrik »Mensa« zu entdecken! Schauen Sie gerne mal vorbei.
Text: Johanna Schmees